Perkams-Zitatenschatz.de

Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Zitatfinder

Cicero: Die Pflichten (De officiis ) I 9

Cicero über verschiedene Arten der Überlegung (Antike Philosophie II)<br /> Cicero unterscheidet, auf stoischer Grundlage, zwischen Überlegungen über das Gute, über das Nützliche und solchen, die beides verbinden
Wie es Panaitios [ca. 180-110 v. Chr.; ein Vertreter der mittleren Stoa] scheint, gibt es also dreierlei Arten der Überlegung zum Ergreifen eines Ratschlusses. Denn man zweifelt, ob das, was zur Überlegung ansteht, entweder zu tun ehrenwert ist oder verwerflich. Bei der Betrachtung dieser Frage werden die Menschen hin zu konträren Meinungen gezogen. Dann aber untersuchen bzw. beraten sie darüber, ob es zur Annehmlichkeit und Freudigkeit des Lebens [...] beiträgt oder nicht [...]. Diese Überlegung fällt als ganze in den Bereich des Nützlichen. Die dritte Art des Zweifels ist die, dass das, was nützlich zu sein scheint, mit dem Ehrenwerten in Widerspruch tritt.

Cicero: Die Pflichten (De officiis ) I 108

Cicero gibt ein Kriterium für ein angemessenes Urteil über mögliches Handeln an
Denn die Kraft der Seelen und der Natur ist zweifach: ein Teil liegt im Streben, das auf Griechisch ,hormē‘ heißt: Er reißt den Menschen hierhin und dorthin; der andere liegt in der Vernunft, die lehrt und erklärt, was zu tun und zu meiden ist. Das geschieht so, dass die Vernunft voransteht, das Streben gehorcht. Jede Handlung muss aber frei sein von Unklarheit und Nachlässigkeit, und es darf auch niemand etwas tun, wofür er nicht einen wahrscheinlichen Grund angeben kann. Dies ist nämlich in etwa eine Beschreibung der Pflicht.

Cicero: Gespräche in Tuskulum (Tusculanae disputationes ) I 45

Cicero verweist auf ein gutes Leben als sinnhafte Vorbedingung für den Tod
Wenn die Vernunft allein zu wenig zustande bringt, um den Tod vernachlässigen zu können, so mag dies doch das geführte Leben zustande bringen, dass wir meinen, genug und mehr als das gelebt zu haben. Denn obwohl das Bewusstsein fort sein wird, so mangelt es den Toten nicht an ihren eigenen Gütern des Lobes und Ruhmes: Wenn sie sich ihrer auch nicht bewusst sind, fehlt es den Toten doch an nichts.

Cicero: Laelius über die Freundschaft (Laelius de amicitia ) §20. 19

Cicero über die Freundschaft
[1] Die Freundschaft ist nämlich nichts anderes als die Übereinstimmung in allen göttlichen und menschlichen Dingen, verbunden mit Zuneigung und Liebe; im Vergleich zu ihr dürfte – abgesehen vielleicht von der Weisheit – den Menschen nichts Besseres von den unsterblichen Göttern gegeben sein. [...]
[2] Diejenigen freilich, die in der Tugend das höchste Gut sehen, vorzüglich tun sie dies gewiss; aber gerade diese Tugend bringt die Freundschaft hervor und hält sie zusammen, und ohne Tugend kann es Freundschaft unter keinen Umständen geben. [...] Menschen, die sich so verhalten, so leben, dass man ihre Treue, ihre Unbescholtenheit, ihren Gerechtigkeitssinn, ihre Großzügigkeit anerkennt; dass es in ihnen keine Begierde, Ausschweifung und Frechheit gibt; dass sie starke Charakterfestigkeit beweisen – wie es bei denen der Fall war, die ich eben namentlich aufgeführt habe –, diese wollen wir, wie sie schon seinerzeit als gute Männer galten, auch für würdig erachten, sie ,gut‘ zu nennen, weil sie, soweit Menschen dazu befähigt sind, der Natur als der besten Führerin zu einem anständigen Leben folgten.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 64, 5f.

Die Erreichbarkeit der Tugend nach Seneca
Denn auch dies zeichnet Sextius aus, dass er Dir gewiss sowohl die Größe des glücklichen Lebens zeigen als auch keine Verzweiflung an seiner Möglichkeit bewirken wird. Du wirst wissen, dass dieses ganz oben steht, aber dem, der will, zugänglich ist. Dasselbe wird Dir die Tugend selbst darbieten, dass Du sie bewunderst und dennoch erhoffst.

Seneca: Die Milde (De clementia) I 1

Seneca über die Vorzüge herrscherlicher Milde
Über die Milde zu schreiben, Kaiser Nero, habe ich beschlossen, damit ich auf bestimmte Weise die Rolle des Spiegels einnehmen und Dir zeige, dass Du zur größten Lust von allen gelangen wirst. Denn obwohl die wahre Frucht des richtig Getanen darin liegt, es getan zu haben, und obwohl kein Lohn für die Tugenden, der ihrer würdig ist, außerhalb von ihnen ist, hilft es doch, das gute Gewissen zu betrachten und zu umschreiten.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 70, 6

Seneca über das Verhältnis des Menschen zum Tod und seine Maxime über das Sterben
Schneller oder langsamer zu sterben tut nichts zur Sache; gut oder schlecht zu sterben, das tut etwas zur Sache. Gut zu sterben heißt aber, die Gefahr, schlecht zu leben, zu fliehen.

Seneca: Die Wohltaten (De beneficiis) VII 2, 4

Seneca über die Konzentration des Weisen auf die Gegenwart
Dieser [Weise] freut sich über das Gegenwärtige, er hängt nicht vom Zukünftigen ab; denn wer dem Unsicheren zugeneigt ist, der hat nichts Festes. Losgelöst von großen und den Verstand beunruhigenden Sorgen hofft oder wünscht [der Weise] nichts, noch setzt er sich dem Zweifel aus, mit dem Seinen zufrieden.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 24, 2

Seneca über die praemeditatio malorum (das gedankliche Vorwegnehmen von Schlechtem)
Wenn Du jede Sorge ablegen willst, dann stelle Dir all das als geschehend vor, von dem Du fürchtest, es könnte geschehen. Und was auch immer dieses Übel ist, vermesse es für Dich und schätze Deine Furcht: Du wirst gewiss erkennen, dass das, was Du fürchtest, entweder nicht groß oder nicht lang andauernd ist.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 68, 1f.

Seneca über den gesellschaftlichen Nutzen des Rückzugs aus der Öffentlichkeit
Verberge Dich in Muße, aber verberge auch die Muße selbst; du kannst wissen, dass Du, wenn Du dies tun wirst, wenn schon nicht einer Vorschrift, so doch dem Vorbild der Stoiker folgst. Aber Du tust es auch aus einer Vorschrift: Das wirst Du bei Dir und bei dem Du willst billigen. Weder schicken wir jemanden zu jedem Staat, noch tun wir dies immer, noch endlos; außerdem ist der Weise, wenn wir ihm einen Staat geben, der seiner würdig ist, nämlich die Welt, auch dann, wenn er sich zurückgezogen hat, nicht außerhalb eines Staates, sondern vielleicht geht er, wenn er eine Ecke verlassen hat, in Größeres und Weiteres über.

Seneca: Der Zorn (De ira) III 36, 1. 3, Auszüge

Seneca über die abendliche Gewissensprüfung (Antike Philosophie II)<br /> Geistliche Übungen bei Seneca (Gesetz und Gewissen)
Sextius tat dies, dass er zum Abschluss des Tages, wenn er sich zur nächtlichen Ruhe zurückzog, seinen Geist fragte: ,Welchen deiner Fehler hast Du heute geheilt? Welchem Laster bist Du entgegengetreten? An welchem Teil bist Du nun besser?‘ [...] Der Geist wurde entweder gelobt oder ermahnt und als Betrachter und heimlicher Beurteiler seiner selbst erkannte er seine Sitten. Ich nutze diese Fähigkeit täglich und spreche bei mir selbst Recht. Wenn das Licht aus dem Gesichtskreis verschwunden und meine Gattin, die meine Sitte schon kennt, still geworden ist, prüfe ich meinen ganzen Tag und ermesse meine Taten und Worte; nichts verberge ich vor mir selbst, nichts umgehe ich.

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 107, Ende

Die stoische Lebenshaltung nach Seneca (Antike Philosophie II) <br /> Lucius Annaeus Seneca über das stoische Lebensideal (Gesetz und Gewissen)
Führe, o Vater, und Herrscher des hohen Himmels
Wohin immer Du magst; beim Gehorchen gibt es kein Zögern,
eifrig bin ich bereit; will ich nicht, so folge ich stöhnend
und als Schlechter erleid’ich, was zu tun dem Guten erlaubt war.
Den Willigen führen die Schicksale, den Unwilligen ziehen sie.

Epiktet : Erörterungen (Dissertationes) IV 1, 68-75

Epiktet über die menschliche Freiheit
[1] Hast Du keine selbständige Entscheidung, die allein Dir obliegt, oder hast Du so etwas? – Ich weiß nicht. – Schau also Folgendes und betrachte es. Kann Dich vielleicht jemand dazu bringen, der Lüge zuzustimmen? – Niemand. – Also bist Du im Ort der Zustimmung ungehindert und ungestört. – In der Tat. – Weiter: Kann Dich jemand zwingen, auf etwas loszugehen, was Du nicht willst. – Das kann er. Denn wenn er mir Tod oder Gefängnis androht, zwingt er mich, loszugehen.
[2] Wenn Du nun das Sterben und das Gefangensein verachtest, brauchst Du Dich noch um ihn zu kümmern? – Nein. – Ist nun die Todesverachtung Dein Werk oder nicht. – Meines. – Ist das Losgehen also Deines oder nicht. – Es ist meines. – Das Ablassen von etwas, ist das auch Deines. – Was ist, wenn jemand mich hindert spazierenzugehen, wenn ich will. – Was an Dir hindert er denn? Etwa die Zustimmung? – Nein, sondern den Körper. [...] Wer aber kann Dich zwingen, etwas zu erstreben, was Du nicht willst. – Niemand. – Dir etwas vorzunehmen oder es sich zum Ziel zu setzen oder einfach die auftauchenden Vorstellungen gebrauchen? – Auch das nicht. Aber wenn ich strebe, wird er mich hindern, das, was ich erstrebe, zu erlangen. – Wenn Du etwas von dem Deinen erstrebst und vom Ungehinderten, wie soll er Dich hindern? – Auf keine Weise.

Sextos Empirikos: Pyrrhonische Hypotyposen (Pyrrhoneae Hypotyposes) I 1, p. 4 Mau

Die Einteilung der Philosophie nach den pyrrhonischen Skeptikern
(1) Auch bei dem, auf philosophische Weise gesucht wird, sagen die einen, sie hätten etwas Wahres gefunden, die anderen behaupteten, es sei nicht möglich, so etwas begriffen zu haben, die dritten suchen noch. [...] Daher nimmt man zu Recht drei Hauptströmungen der Philosophie an, die dogmatische, die akademische und die skeptische. [...]
(2)Bei nichts von dem, was wir sagen werden, sind wir fest überzeugt, dass es sich so verhält, wie wir sagen, sondern wir werden entsprechend dem, was uns jetzt der Fall zu sein scheint, über jeden Punkt darstellend Aussagen machen.

Photios (Patriarch): Bibliothek der Handschriften (Bibliotheca codicum) Referat des Pyrrhoneers Ainesidemos, ca. 100 v. Chr.

Die pyrrhoneische Hoffnung auf das Glücklichsein
Deswegen wüssten weder die Pyrrhoneer noch die anderen die Wahrheit in den Dingen, aber die, die nach einer anderen Richtung philosophierten, wüssten alles andere nicht und [..] auch eben dieses nicht, dass nichts von dem, was sie begriffen zu haben meinen, tatsächlich begriffen wurde. Der Philosoph im Sinne des Pyrrhon ist aber im Hinblick auf das andere glückselig, und er ist darin weise, ganz genau zu wissen, dass nichts von ihm in zuverlässiger Weise begriffen wurde.

Sextos Empirikos: Pyrrhonische Hypotyposen (Pyrrhoneae Hypotyposes) I 12, p. 11 Mau

Die Erklärung der pyrrhoneischen Eudaimonie bei Sextos Empirikos
Was über den Bildhauer Apelles gesagt wird, das geschah auch dem Skeptiker. Man sagt nämlich, dieser habe ein Pferd gemalt und wollte den Schaum des Pferdes im Bild nachahmen. Es sei ihm aber so misslungen, dass er aufgab und den Schwamm in den er die Farben des Pinsels ausdrückte, auf das Bild warf. Als dieser aber traf, habe er eine Nachahmung des Schaums des Pferdes gebildet. Auch die Skeptiker hofften also, die Ataraxie dadurch zu erlangen, dass sie die Ungleichheit des Erscheinenden und Gedachten beurteilten; erst als sie dies nicht tun konnten, enthielten sie sich des Urteils. Als sie sich seiner enthielten, folgte die Ataraxie dem zufällig so wie ein Schatten dem Körper.

Sextos Empirikos: Pyrrhonische Hypotyposen (Pyrrhoneae Hypotyposes) I 164 - 169

Die fünf Tropen des Agrippa nach Sextos Empirikos
Die Pyrrhoneer meinen, jede philosophische Behauptung anhand so genannter Tropen widerlegen zu können, z.B. anhand der fünf Tropen des Agrippa, die Sextos Empirikos referiert:
Die jüngeren Skeptiker [der frühen Kaiserzeit] überliefern fünf Tropen der Urteilsenthaltung [...]
(1) Der aus der Uneinigkeit ist der, demgemäß wir im Leben und bei den Philosophen über den vorgelegten Gegenstand ein unentscheidbarer Streit entstanden ist. [...]
(2) Der aus dem Fallen ins Unendliche ist der, bei dem wir sagen, dass das zur Bestätigung der vorgelegten Sache Angeführte einer anderen Bestätigung bedarf, und dieses wieder einer anderen, und bis ins Unendliche. [...]
(3) Der aber von der Relation [...], dem zufolge das Vorliegende dem Urteilenden gegenüber [...] so oder so scheint, wir uns aber darüber, wie es der Natur nach ist, des Urteils enthalten. [...]
(4) Der von der Hypothese her liegt dann vor, wenn die Dogmatiker, ins Unendliche zurückgeworfen, von etwas beginnen, was sie nicht begründen, sondern dies einfach und unbewiesen als Zugeständnis zu akzeptieren fordern.
(5) Der gegenseitige Tropos ergibt sich, wenn das zur Bestätigung der gesuchten Sache Erforderliche selbst Bedarf nach Bestätigung durch das Gesuchte hat.

Sextos Empirikos: Pyrrhonische Hypotyposen (Pyrrhoneae Hypotyposes) III 9-11, Auszüge

Eine pyrrhoneische Argumentation zur Existenz Gottes (Antike Philosophie I)<br /> Eine Argumentation zur Existenz Gottes, zeigt wie die pyrrhoneischen Skeptiker einzelne Streitfragen behandeln (können) (Antike Philosophie II)
[1] Wer sagt, es gebe Gott, der meint entweder, a) er übe eine Vorsehung über das im Kosmos Vorhandene aus oder b) er übe keine Vorsehung aus,
[2] und wenn a) eine Vorsehung ausübe, dann a1) über alles oder a2) über einiges.
[Gegen a] Aber wenn er über alles eine Vorsehung ausüben würde, dann gäbe es gewiss weder etwas Schlechtes noch Schlechtigkeit im Kosmos. [...] Wenn er aber über einiges Vorsehung ausübt, warum übt er sie dann über einiges aus, über anderes nicht? [...]
[Gegen b] Wenn er aber über nichts eine Vorsehung besitzt und es weder ein Werk noch eine Wirkung von ihm gibt, wird niemand sagen können, wie er darauf kommt, dass es Gott gibt.

Sextos Empirikos: Gegen die Mathematiker (Adversus mathematicos) VII 284-287

Sextos Empirikos erklärt, warum Selbsterkenntnis unmöglich ist
Wenn der Mensch erfassbar ist, dann sucht und erfasst er sich selbst entweder als ganzer oder er ist als ganzer das Gesuchte und der Erfassung unterfallende. [...] Wenn der Mensch sich nun durchgängig selbst suchte und mit diesem gedacht würde (indem er sich als ganzer aufs Ganze selbst denkt), dann würde das Erfassende nichts mehr sein, was abwegig ist. Wenn er aber als ganzer das Gesuchte wäre mit diesem ganz gedacht würde (mit dem Gesucht-Werden), dann wird wiederum nichts Suchendes und die Erfassung Herstellendes übrigbleiben. Gewiss ist auch das nicht möglich.

Diogenes Laertios: Leben der Philosophen (Vitae philosophorum) 6, 10f.

Das kynische Glücksideal des Antisthenes
[Antisthenes] bewies, dass die Tugend lehrbar ist. Diejenigen seien adlig, die tugendhaft seien. Die Tugend sei in sich hinreichend/autark zum Glück, sie benötige nichts außer sokratischer Kraft. Die Tugend gehöre zu den Werken, sie benötige weder viele Worte noch Lehren. Und der Weise sei in sich hinreichend/autark. Ihm gehöre alles, was den anderen gehöre. Das schlechte Ansehen sei gut und gleich der Bemühung. Der Weise führe sein Leben nicht gemäß den gegeben Gesetzen, sondern nach demjenigen der Tugend. Er solle heiraten, um Kinder zu zeugen und mit den wohlgestaltetsten Frauen zusammenkommen. Und er solle lieben. Denn der Weise allein wisse, was man lieben müsse.