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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Kausalität

12 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Alexander von Aphrodisias: Über das Schicksal (De fato) (p. 191f. = LS 55N)

    Der kausale Zusammenhang der Welt nach den Stoikern
    [1] Die Stoiker sagen [...], dass nichts in der Welt ohne Ursache ist oder geschieht, weil nichts in ihr losgelöst oder unabhängig von all dem ist, was vorher geschieht. Die Welt würde nämlich zerrissen und zerteilt und nicht länger eine Einheit bleiben [...], wenn nicht alles, was ist oder geschieht, bestimmte Ursachen hätte, die vorher entstanden sind und aus denen es mit Notwendigkeit folgt. [...]
    [2] Wenn es nun eine Mehrzahl von Ursachenarten gibt, dann, so sagen sie [= die Stoiker], ist es bei ihnen allen gleichermaßen wahr, dass es unmöglich ist, dass etwas, falls alle Umstände auf seiten der Ursache und des Verursachten gleich sind, zuweilen so nicht eintritt, zuweilen aber wohl. Denn es würde, wenn es so wäre, irgendeine unverursachte Bewegung geben.
  • Al-Ġazālī : Die Inkohärenz der Philosophen XVII § 1 (p. 166 Marmura)

    Al-Ġazālī begründet seine Zweifel am Konzept der Kausalität mit der Möglichkeit eines alternativen Modells
    [1] Nach unserer Meinung ist die Verknüpfung (al-iqtirān) zwischen dem, was man gewöhnlich (fī l-ʿāda) für eine Ursache hält, und dem, was man für eine Wirkung hält, nicht notwendig (ḍarūrī). Vielmehr folgt bei zwei Dingen, die nicht miteinander identisch sind und bei denen die Annahme bzw. Bestreitung des einen nicht die Annahme bzw. Bestreitung des anderen einschließt, niemals mit Notwendigkeit (ḍarūra) aus der Existenz des einen die Existenz des anderen bzw. die Nicht-Existenz des einen mit Notwendigkeit aus der Nicht-Existenz des anderen. [...]
    [2] Ihre Verknüpfung kommt zustande, weil Gott – erhaben ist er! – sie aufgrund seiner vorherigen Bestimmung in einer Aufeinanderfolge (ʿalā l-tasāwuq) erschafft, nicht deswegen, weil sie aus sich heraus notwendig und unauflöslich wäre (li-kawnihi ḍarūrīyan fī nafsihi ġayra qābilin li-l-farq). Vielmehr steht es in [Gottes] Macht, die Sattheit ohne das Essen zu schaffen, den Eintritt des Todes ohne einen tiefen Schnitt im Nacken zu erschaffen und das Leben [eines Menschen] trotz dieses tiefen Schnitts andauern zu lassen; das gilt für sämtliche Dinge, die miteinander verknüpft sind. Die falāsifa verneinen diese Möglichkeit und behaupten dies sei unmöglich.
  • Al-Ġazālī : Die Inkohärenz der Philosophen XVII § 5 (p. 167 Marmura)

    Al-Ġazālī erklärt, dass man aus Beobachtung nicht auf Kausalität schließen kann
    Was das Feuer betrifft, ein lebloses Wesen, so wirkt es nicht auf [Brennbares]. Denn was ist der Beweis (ad-dalīl), dass es das Wirkende ist? Sie haben keinen anderen Beweis als die Beobachtung des Entstehens einer Flamme bei Kontakt mit dem Feuer. Aber die Beobachtung beweist nur das Entstehen bei ihm, sie beweist nicht das Entstehen durch es und dass es keine andere Ursache als dieses gibt.
  • Kant, Immanuel : Metaphysik der Sitten (Teil 3, p. 98 Originalausgabe)

    Immanuel Kant definiert Freiheit als Autonomie
    [1] Die Naturnotwendigkeit war eine Heteronomie der wirkenden Ursachen; denn jede Wirkung war nur nach dem Gesetze möglich, dass etwas anderes die wirkende Ursache zur Kausalität bestimmte; was kann denn wohl die Freiheit des Willens sonst sein, als Autonomie, d. i. die Eigenschaft des Willens, sich selbst ein Gesetz zu sein?
    [2] Der Satz aber: Der Wille ist in allen Handlungen sich selbst ein Gesetz, bezeichnet nur das Prinzip, nach keiner Maxime zu handeln, als die sich selbst auch ein allgemeines Gesetz zum Gegenstande haben kann. Dies ist aber gerade die Formel des kategorischen Imperativs und das Prinzip der Sittlichkeit: Also ist ein freier Wille und ein Wille unter sittlichen Gesetzen einerlei.
  • Plotin: Enneade IV 8 [6], 6, 1-16

    Πρόοδος (<i>Prohodos</i>) – Das Eine als Quelle der Entstehung von alles Seiendem
    [1] Wenn es nun notwendig ist, dass es nicht nur eines gibt – denn sonst wäre alles in ihm verborgen, ohne eine Gestalt zu haben, und nichts Seiendes würde existieren, während jenes in sich selbst ruht, und es gäbe die Menge dieses Seienden, das vom Ersten gezeugt wurde, nicht [...] – dann war es auf dieselbe Weise auch notwendig, dass nicht nur die Seelen sind, ohne dass das von ihnen Erzeugte erscheint, weil ja jeder Natur dies innewohnt, dass sie das nach ihr Liegende bewirkt und sich entfaltet, so wie ein Same, der aus einem ungeteilten Anfang bis ans sinnlich wahrnehmbare Ziel voranschreitet.
    [2] Dabei bleibt das Frühere immer an seinem eigenen Ort, das nach ihm Kommende [...] schreitet aber weiter, bis zum Letzten hin alles, soweit es möglich ist, gelangt durch eine Fähigkeit [...], die nichts zu sehen vermag, was an ihr keinen Teil hat.
  • Johannes Philoponos : Die Schöpfung der Welt (De opificio mundi) 28, 21-29, 3

    Johannes Philoponos fasst seine Impetus-Theorie knapp zusammen
    Konnte Gott denn nicht dem Mond, der Sonne und den übrigen Sternen, als er sie schuf, eine Bewegungskraft eingeben, wie den schweren und leichten Körpern ihre Bewegungstendenzen und allen Lebewesen die Bewegungen von der ihnen innewohnenden Seele?
  • Barhadbeschabba von Ḥalwān: Ursache der Gründung von Schulen (Causa fundationis scholarum) (p. 334, l. 7-15 Scher)

    Barḥaḏbǝšabbā von Ḥalwān beweist Gott aus der Notwendigkeit einer ewigen Ursache heraus
    Denn auch wenn dieses Wort ‚es ist‘ (īṯāw) für die Gesamtheit (gāwā) und für das Spezifische (īḥīdāyā) gleich ist, so ist es doch in eigentlicher Weise für Gott allein treffend und passend. Denn alles was ,ist‘, ist entweder geworden (hāwyā = γενητόν) oder nicht geworden (lā hāwyā = ἀγένητον). Und so wie bei dem, was geworden ist, das was war, früher ist, als das, was ,ist‘ – indem es die Ursache von diesem ist –, ebenso ist auch bei dem, was ,ist‘, ohne geworden zu sein, das ewige Sein (īṯyā mettōmāyā) früher als das, was ,ist‘ – indem es die Ursache von dem ist, was ist. Denn wenn es kein ewiges Sein ist und es doch ,ist‘, dann ist es geworden. Wenn dies wahr ist, dann hat es einen Ursprung und empfängt von etwas anderem das Gewordensein, und es hat mit allem, was geworden ist, diese beiden (Aspekte) gemein, zum einen den, dass es geworden ist, und zum anderen den, dass ,es ist‘. Wenn es absurd ist, dies für den jenseitigen Bereich zu denken, folgt daraus, dass er (= Gott) ,ist‘, weil er Sein ist, während die Schöpfung ,ist‘, weil sie geworden ist und einen Ursprung hat.
  • Al-Kindī : Die erste Philosophie (Philosophia prima) IV (p. 181-183)

    Kindīs Beweis Gottes als der Wahre Eine
    [1] Da Einheit und Vielheit gemeinsam in jedem der sinnlich wahrnehmbaren Dinge bestehen und dem, was den sinnlich wahrnehmbaren Dingen anhaftet, und die Einheit darin insgesamt ein Eindruck ist, der von irgendwo her kommt und akzidentell, nicht der Natur nach vorhanden ist, und die Vielheit notwendigerweise eine Ansammlung von Einheiten ist, so ist es notwendigerweise so, dass es, wenn es keine Einheit gibt, auch überhaupt keine Vielheit gibt. [...]
    [2] Sein zu erhalten besteht genau darin, einem Akt unterzogen zu werden (infiʿāl), so dass existiert, was nicht war. Die Emanation (faiḍ) der Einheit aus dem ersten Wahren Einen (al-wāḥid al-ḥaqq) bedeutet, dass jedes sinnlich wahrnehmbaren Ding [...] Sein erhält, so dass jedes einzelne derartige existiert. [...] Die Ursache des Erhaltens von Sein stammt von dem wahren Einen her, das die Einheit nicht von einem Geber her erhielt, sondern in sich selbst eines ist.
  • Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt I, 1. 5 (p. 56. 68 Walzer)

    Al-Fārābī über das erste Seiende als die eine erste Ursache
    Das erste Seiende (al-mawǧūd al-awwal) ist die erste Ursache für die Existenz von allem übrigen Existierenden. [...] Wenn das Erste in seiner Substanz unteilbar ist, so kann seine Existenz, durch die es sich von allem anderen Seienden unterscheidet, nichts anderes sein als das, wodurch es wesentlich (fī-ḏātihi) ist. Daher besteht der Unterschied zu allem anderen in der Einheit in seinem Wesen.
  • Al-Fārābī : Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen Stadt II, 1. 2 (p. 90-94 Walzer)

    Al-Fārābī über die kausale Wirkung der ersten Ursache und die Ordnung der Dinge
    [1] Und seine Existenz [Gottes] (wuǧūd) ist aufgrund seines Wesens (ḏāt), und seine Substanz und seine Existenz hängen zusammen, und aus ihm folgt, dass von ihm her etwas anderes als es da ist. [...]
    [2] Es gibt vielerlei Existierendes, und zusätzlich zu seiner Vielheit ist dieses auch unterschiedlich exzellent. Und die Substanz des Ersten ist die Substanz, aus der jede Existenz so ausströmt, wie diese Existenz ist, sei sie nun vollkommen oder mangelhaft. Und seine Substanz ist ebenfalls die Substanz, von der alles Existierende, wenn es von ihr ausströmt, seinen jeweiligen Rang erhält und von der jedem Seienden sein Anteil, der ihm angemessen ist, an Existenz und Rang im Vergleich zum Ersten zukommt.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Metaphysik (Buch der Genesung) I 7, § 14 (p. 47 Cairensis)

    Avicenna folgert, dass die Existenz als etwas Mögliches (d.h. Denkbares) ewig besteht
    Was das Mögliche betrifft, so ist hieraus seine Besonderheit klar geworden, und zwar dass es unbedingt eines anderen bedarf, dass es zu einem im Akt existierenden macht. Alles, was im Hinblick auf die Existenz möglich (mumkin al-wuğūd) ist, das ist hinsichtlich seines Wesens ewig ein möglich Existierendes. Aber manchmal stößt es ihm zu, dass seine Existenz durch etwas anderes notwendig wird. Dies stößt ihm nun entweder ewig zu, oder die Notwendigkeit seiner Existenz stammt von einem anderen auf nicht ewige Weise, sondern zu einer Zeit, aber nicht zu einer anderen Zeit.
  • Ibn Sīnā (Avicenna): Metaphysik (Buch der Genesung) VIII 7 § 3. 6 (p. 363. 365 Cairensis)

    Avicenna erklärt die Struktur der ersten Ursache (bzw. Gottes) als sich selbst denkender Intellekt
    [1] Und es [das erste Prinzip] liebt sein Wesen, das das Prinzip (mabdaʾ) jeder Ordnung ist und gut ist, insofern es so ist. Dabei wird die Ordnung des Guten (niżām al-ḫair) von ihm akzidentell mitgeliebt. Aber das erste Prinzip wird hierzu nicht von der Liebe bewegt, ja es erfährt von ihr überhaupt keine Wirkung, und es ersehnt und erstrebt nichts. Das ist sein Wille (īrāda), der frei ist vom Mangel, den die Liebe bewirkt, und von der Störung durch das Streben zu einem Ziel hin [...].
    [2] Zu der Menge der Verstandesgegenstände (al-maʿqūlāt) gehört derjenige Verstandesgegenstand, dessen Prinzip das Erste unmittelbar ist. Aber seine Existenz fließt (yafīḍu) primär aus ihm. Und der Verstandesgegenstand, dessen Prinzip das Erste mittelbar ist, dies fließt sekundär aus ihm [...]. Einiges von diesem geht jedoch dem anderen voraus in der Rangfolge des Verursachenden und des Verursachten.