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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Zitatfinder

Aristoteles: Metaphysik (Metaphysica) XI 6, 1062b 13f

Der ,Satz des Protagoras‘ in den Worten des Aristoteles
Protagoras sagte nämlich, für alle Dinge sei das Maß der Mensch, wobei er nichts anderes sagt als, dass das, was einem jeden zu sein scheint, auch in der Tat ist.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) I, 336b

Platon führt die (vielleicht ahistorische) Figur des Sophisten Thrasymachos ein
Als wir innehielten und ich dies gesagt hatte, konnte Thrasymachos nicht länger Ruhe halten, sondern raffte sich auf und kam auf uns los, recht wie ein wildes Tier um uns zu zerreißen.

Platon: Theaitetos (Theaetetus) 160d

Platon fasst die von Sokrates zuvor widerlegte These der Protagoreer zusammen
Sokrates [zum jungen Theaitet]: Wunderschön wurde von Dir also dargelegt, dass Wissen nichts anderes ist als Sinneswahrnehmung. Dabei fiel in dasselbe zusammen, dass sich – laut Homer, Heraklit und dieser ganzen Truppe – alles wie Flüssiges bewege und dass – laut dem allerweisesten Protagoras – der Mensch das Maß aller Dinge sei und das – gemäß Theaitet – die Sinneswahrnehmung, wenn das alles so ist, Wissen wird.

Platon: Theaitetos (Theaetetus) 150c

Platon charakterisiert die sogenannte , Maieutik‘ des Sokrates
Sokrates: Ja auch hierin geht es mir eben wie den Hebammen, ich gebäre keine Weisheit, und was mir bereits viele vorwarfen, dass ich andere zwar fragte, selbst aber nichts über irgendetwas ans Licht brächte, weil ich nämlich an Weisheit besäße, darin haben sie recht. Die Ursache davon ist aber diese: Geburtshilfe zu leisten zwingt mich der Gott, zu zeugen aber hat er mir verwehrt.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) I, 339cd

Platon schildert, wie Sokrates Thrasymachos widerlegt
Sokrates: Was die Regierenden festsetzen, müssen die Regierten tun, und das ist das Gerechte?
Thrasymachos: Wie sollte es nicht!
Sokrates: Also nicht allein das dem Stärkeren Zuträgliche zu tun ist gerecht nach deiner Rede, sondern auch das Gegenteil, das nicht Zuträgliche.
Thrasymachos: Was sagst Du?
Sokrates: Was Du sagst, denke ich wenigstens; lass uns aber noch besser zusehen: Ist es nicht eingestanden, dass, indem die Regierenden den Regierten befehlen, einiges zu tun, sie bisweilen das für sie Beste verfehlen; was aber auch die Regierenden befehlen mögen, das sei für die Regierten gerecht zu tun? Ist das nicht eingestanden?
Thrasymachos: Das glaube ich freilich.
Sokrates: Glaubst Du nun also, eingestanden zu haben, auch das den Regierenden und Stärkeren Unzuträgliche zu tun sei gerecht, wenn die Regierenden wider Wissen, was für sie schlecht ist, anordnen, und Du doch sagst, für diese sei es gerecht zu tun, was jene angeordnet haben? Kommt es also nicht alsdann notwendig so heraus, o weisester Thrasymachos, dass es gerecht ist, das Gegenteil von dem zu tun, was Du sagst? Denn das für die Stärkeren Unzuträgliche wird dann den Schwächeren anbefohlen zu tun.

Platon: Menon (Meno) 88cd

Die Klugheit bei Platon
Wenn also die Tugend etwas in der Seele ist, dem es auch notwendig zukommt nützlich zu sein, so muss dies Klugheit sein, weil alles in der Seele an und für sich weder nützlich ist noch schädlich und nur durch Hinzukommen der Klugheit oder Dummheit schädlich und nützlich wird.

Habermas, Jürgen: Das Sprachspiel verantwortlicher Urheberschaft. Probleme der Willensfr (p. 15, 19)

Jürgen Habermas erläutert die neurowissenschaftlichen Zweifel am Freiheitsbegriff
[1] Elf führende Neurowissenschaftler […] kündigen an, „in absehbarer Zeit“ psychische Vorgänge wie Empfindungen und Gefühle, Gedanken und Entscheidungen aus physikochemischen Vorgängen des Gehirns erklären und voraussagen zu können. Aufgrund dieser Prognose sei es geboten, das Problem der Willensfreiheit heute schon als eine „der großen Fragen der Neurowissenschaften“ zu behandeln. […]
[2] Wenn die neurologische Forschung heute schon den Schlüssel in der Hand hält, um in naher Zukunft beliebige Handlungsmotive und Abwägungsprozesse aus dem naturgesetzlich determinierten Zusammenwirken neuronaler Vorgänge vollständig zu erklären, müssen wir Willensfreiheit als fiktive Unterstellung betrachten.

Augustinus von Hippo: Der Gottesstaat (De civitate dei) V 9

Augustinus (354-430) referiert Ciceros (106-44 v. Chr.) Meinung zum Problem von göttlicher Vorherbestimmung und Freiheit
[1] Cicero […] bestreitet Gottes Vorwissen und versucht, jegliche Prophetie […] aufzuheben. Was ist es, was Cicero am Vorwissen des Künftigen fürchtete? […] Gewiss Folgendes: Wenn alles Zukünftige vorher gewusst wird, wird es in der Ordnung eintreffen, in der das Eintreffende vorhergewusst wurde; und wenn es in dieser Ordnung eintrifft, dann ist die Ordnung der Dinge für den vorherwissenden Gott sicher; und wenn die Ordnung der Dinge sicher ist, dann ist die Ordnung der Ursachen sicher […].
[2] Diese versucht Cicero so zu widerlegen [...], dass er bestreitet, dass es ein Vorwissen des Künftigen [...] entweder bei einem Menschen oder bei Gott gibt [...], weil nämlich alles Zukünftige dann, wenn es vorhergewusst wird, in der Ordnung kommen wird, in der vorhergewusst wird, dass es kommen wird. [...]
[3] Aber wenn das so ist, steht nichts in unserer Macht, und es gibt keine freie Entscheidung des Willens. Aber wenn wir das zugestehen, sagt er, wird das gesamte menschliche Leben aufgehoben, die Gesetze werden umsonst gegeben, umsonst wird Lob und Tadel, Kritik und Ermunterung angewandt, und aufgrund von keinerlei Gerechtigkeit wurden für die Guten Lohn und für die Schlechten Strafen festgelegt.
[4] Wir sagen, entgegen diesen gotteslästerlichen und schändlichen Kühnheiten, dass Gott alles weiß, bevor es geschieht, und dass wir durch den Willen all das tun, wovon wir fühlen und wissen, dass es von uns nicht anders als wollend getan wird.

Wilhelm von Ockham: Fragen zum vierten Buch der Sentenzen des Petrus Lombardus (Opera theologica VIII, p. 358f.)

Wilhelm von Ockham (ca. 1285-1347) legt die Freiheit ganz in die Wahl
[1] Die innere Tätigkeit ist zweifach: eine die unmittelbar in der Macht des Willens steht, so wie ein Willensakt; eine, die nur vermittelt des ersten Akts in der Macht des Willens steht, und daher bei Zerstörung des ersten Akts nicht in der Macht der Seele steht, so wie ein Denkakt. [...]
[2] Im Hinblick auf den ersten Akt [...] kann der Wille aus seiner Freiheit heraus ohne jede aktuale oder habituale Bestimmung den Akt oder sein Gegenteil hervorbringen oder nicht hervorbringen. Und daher ist es in Bezug auf diesen Akt in keiner Weise möglich, dass der Wille von etwas anderem bestimmt wird als von ihm selbst.
[3] Aber im Hinblick auf den zweiten Akt [...] sage ich, dass die Seele dazu, dass sie eher eines als ein anderes denkt, selbst durch einen Akt bestimmt werden muss, der unmittelbar in ihrer Macht steht, d.h. durch einen Willensakt, das eine und nicht das andere zu denken.

Herodot von Halikarnass(os) : Historien (Herodot) IX 60

Der Historiker Herodot (ca. 484-420 v. Chr.) nennt das Ziel der Freiheit als Motivation des griechischen Kampfes gegen die Perser
Pausanias aber [...] verkündete, indem er einen Reiter zu den Athenern schickte, Folgendes: "Oh ihr Athener, während der größte Kampf vor uns liegt, ob Griechenland frei oder geknechtet ist, werden wir von den Bundesgenossen verraten – wir, die Spartaner und ihr, die Athener –, die bei Einbruch der Nacht davonlaufen."

Herodot von Halikarnass(os) : Historien (Herodot) II 36

Der Athener Staatsmann Perikles (ca. 490-429 v. Chr.) verweist in der Darstellung des Historikers Thukydides (ca. 454-399 v. Chr.) auf die freie Tugend der Vorväter
Die, welche in ununterbrochener Folge der Nachkommen das Land bewohnten, haben es uns durch ihre Tugend bis heute frei übergeben. [...] Das meiste aber haben wir selber, die, die jetzt noch besonders im besten Alter steht, hinzugetan und haben die Stadt mit allem ausgerüstet, was sie in Krieg und Frieden ganz autark macht.

Herodot von Halikarnass(os) : Historien (Herodot) II 37

Thukydides’ Perikles charakterisiert die demokratische Verfassung Athens
[1] Wir bedienen uns nämlich einer Staatsform, die nicht den Gesetzen der Nachbarn nacheifert, sondern wir sind eher selbst ein Vorbild, als dass wir andere nacheiferten. Ihr Name lautet, weil sie nicht auf einer Minderzahl, sondern auf einer Mehrzahl beruht, Demokratie. Vor dem Gesetz sind bei persönlichen Rechtsstreitigkeiten alle Bürger gleich, im Ansehen jedoch, das einer in irgendetwas besonders genießt, wird er nicht nach einem Volksteil, sondern vielmehr nach seiner Tugend für das Gemeinsame vorgezogen, und nicht wird jemand, der in der Lage ist, für die Polis etwas Gutes zu tun, aufgrund von Armut durch das Fehlen von Ansehen daran gehindert.
[2] In freier Weise sind wir politisch für das Gemeinsame tätig, ebenso wie für uns gegenseitig zur Fürsorge in den täglichen Verrichtungen, ohne auf den Nachbarn zornig zu sein, wenn er etwas aus Freude tut [...]. Während wir ohne Missgunst Gemeinschaft im Privaten haben, übertreten wir im Öffentlichen die Gesetze aus Respekt nicht, im Gehorsam gegenüber den jeweiligen Amtsträgern und den Gesetzen, besonders denen, die zum Nutzen dessen gelten, dem Unrecht getan wurde, und denen, welche, ohne geschrieben zu sein, allgemeine Verachtung verhängen.

Herodot von Halikarnass(os) : Historien (Herodot) II 40, 1. 4-41, 1

Thukydides’ Perikles über die Tugend als Grundzug der freien Verfassung
[40] Wir lieben Schönheit in Einfachheit und die Weisheit ohne Verweichlichung. [...] Auch in der Tugend unterscheiden wir uns von der Menge. Freunde erwerben wir uns nicht durch Erleiden, sondern durch Tätigsein. Und fester steht der da, der den Gefallen getan hat, weil aufgrund von Wohlwollen von dem, dem er gegeben hat, geschuldet wird, dies zu erhalten. Wer aber im Gegenzug schuldet, der weiß, dass er nicht aus Gefallen, sondern aus Pflicht die Tugend erwidern wird. Wir sind die einzigen, die nicht so sehr wegen dem Nachdenken über den Nutzen als wegen der Zuverlässigkeit von Freiheit furchtlos jemandem nutzen.
[41] Zusammenfassend sage ich: Die gesamte Polis ist ein Erziehungswerk für Griechenland, und mir scheint, dass in jedem Einzelfall derselbe Mensch sich bei uns in vielfacher Hinsicht in höchstem Maße mit Wohlwollen zugewandt und autark im Hinblick auf den Körper darbietet.

Platon: Der Staat (Platon) (De re publica) VIII 557bc

Platon (ca. 428-348) über die Vorzüge der Demokratie
Sokrates: Also sind sie zuerst frei, und die Stadt wird voll von Freiheit und freier Rede, und jeder hat in ihr die Möglichkeit zu tun, was er will.
Glaukon: So sagt man ja wenigstens, sagte er.
Sokrates: Wo aber diese Möglichkeit besteht, da ist klar, dass jeder die Weise seines Lebens für sich einrichtet, die jedem einzelnen gefällt.
Glaukon: Offenbar.
Sokrates: Mannigfaltige Menschen finden sich in dieser Staatsform ganz besonders zusammen.
Glaukon: Wie sollten sie nicht!
Sokrates: Diese, sagte ich, scheint die schönste der Staatsformen zu sein. Wie ein buntes Kleid, das mit allen Blumen geschmückt ist, so wird auch diese, die mit allen Sitten geschmückt ist, gewiss die schönste zu sein scheinen. [...] Dies also, sagte ich, und anderes diesem Verwandtes hat die Demokratie folglich und ist, wie es scheint, eine angenehme, herrschaftslose und vielfältige Staatsform, welche gleichmäßig Gleichen wie Ungleichen eine gewisse Gleichheit zuteilt.

Aristoteles: Politik (politica) III 9, 1280b 40-1281a 8

Aristoteles (384-322 v. Chr.) bestreitet, dass Freiheit wirklich ein Staatsziel sein kann
Eine Polis ist eine Gemeinschaft von Familien und Dörfern im vollkommenen und autarken Leben, d.h., wie wir behaupten, glücklich und werthaft zu leben. Man muss also annehmen, dass die politische Gemeinschaft wegen der werthaften Handlungen besteht, aber nicht wegen des Zusammenlebens. Deswegen haben die, die am meisten zu einer solchen Gemeinschaft beitragen, mehr Anteil an der Polis als die, die an Freiheit und Familie gleich bzw. größer, an politischer Tugend aber ungleich sind, oder als die, die an Reichtum hervorstechen, an Tugend aber zurückstehen