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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Zitatfinder

Seneca: Brief an Lucilius (Epistula ad Lucilium ) 70, 14f

Die Freiwilligkeit des Todes als Zeichen der Freiheit nach Seneca
Du wirst auch Bekenner der Weisheit finden, die bestreiten, dass man seinem eigenen Leben Gewalt antun darf, und es für schändlich erachten, zum Töter seiner selbst zu werden: Der Tod sei zu erwarten, den die Natur beschlossen habe. Wer das sagt, sieht nicht, dass er den Weg der Freiheit verschließt: Nichts hat das ewige Gesetz besser gemacht als uns einen Eingang ins Leben zu geben, aber viele Ausgänge. [...] Dies ist das Einzige, warum wir uns über das Leben nicht beschweren können: Es hält niemanden zurück.

Tacitus (Publius Cornelius Tacitus) : Annalen (Annales ) XV 60-61

Der römische Historiker Tacitus berichtet über Senecas Tod auf Befehl Kaiser Neros
Es folgte die Ermordung von Annaeus Seneca, dem Kaiser besonders willkommen, nicht etwa, weil er von dessen unleugbarer Beteiligung an der Verschwörung erfahren hätte, sondern er wollte mit dem Schwert wüten, wo das Gift keinen Erfolg hatte. [...] Er fragte [den Bericht erstattenden Tribunen], ob Seneca einen freiwilligen Tod vorbereite. Da bestätigte der Tribun, dass er keine Zeichen von Furcht, keinerlei Betrübnis in seinen Worten oder seiner Haltung erkennen konnte. Also wurde ihm befohlen zurückzukehren und den Tod anzuordnen.

Laktanz: Die göttlichen Einrichtungen (Institutiones divinae) IV, 3, 4. 7

Der römische Apologet Lactantius (ca. 250-320) plädiert für die Einheit von Religion und Philosophie
Weil Philosophie und Kult der Götter getrennt und weitab geschieden sind, weil andere Leute Bekenner der Weisheit sind, durch welche man keinen Zugang zu den Göttern gewinnt, andere Vorsteher des Kultes, durch die man nicht weise zu sein lernt, ist klar, dass weder die eine eine wahre Weisheit noch der andere ein wahrer Kult ist. [...] Wo also wird die Weisheit mit dem Kult verbunden? Genau dort, wo ein einziger Gott verehrt wird, wo das Leben und jede Handlung auf ein Haupt und eine Summe bezogen werden, da sind schließlich die Lehrer der Weisheit dieselben wie die Priester Gottes.

Bibel: Neues Testament: Evangelium nach Markus (Evangelium Marci) 14, 34-36

Das Markusevangelium (um 60 n. Chr.) berichtet über Christi Ängste vor seinem Tod
Und Jesus sprach zu ihnen [seinen Schülern Petrus, Johannes und Jakobus]: "Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibet hier und wachet!" Und er ging ein wenig weiter, warf sich auf die Erde und betete, dass, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüberginge, und sprach: "Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst." Und er kam und fand sie schlafend.

Bibel: Neues Testament: Evangelium nach Markus (Evangelium Marci) 15, 34-38

Das Markusevangelium schildert den Tod Jesu Christi
Und zu der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: "Eli, Eli, lema sabachtani", das heißt übersetzt: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Und einige, die dabeistanden, sprachen, als sie das hörten: "Siehe, er ruft den Elija." Da lief einer, füllte einen Schwamm mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr, gab ihm zu trinken und sprach: "Lasst uns doch sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt." Aber Jesus schrie mit lauter Stimme auf und verschied.

Bibel: Neues Testament: Evangelium nach Johannes (euangelion kata Iōannēn) 20, 24-29

Das Johannesevangelium (vermutlich ca. 90/100 n. Chr.) erzählt vom ,ungläubigen Thomas‘
Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Schüler zu ihm: "Wir haben den Herrn gesehen." Er aber sprach zu ihnen: "Wenn ich nicht an seinen Händen die Male der Nägel sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich das nicht." Und nach acht Tagen waren seine Schüler abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und stellt sich in die Mitte und sagte: "Friede sei mit euch." Danach spricht er zu Thomas: "Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. Thomas antwortete und sprach zu ihm: "Mein Herr und mein Gott." Da spricht Jesus zu ihm: "Weil du mich gesehen hast, Thomas, glaubst du. Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben."

Paulus von Tarsus (Apostel): 1. Korintherbrief 15, 35-43. 50-53

Der Apostel Paulus beantwortet Fragen zur Auferstehung der Toten
Es könnte aber jemand fragen: Wie werden die Toten aufgeweckt? Mit was für einem Körper kommen sie? Du Narr: Was du säst, wird nicht lebendig gemacht, wenn es nicht stirbt. Und wenn du etwas säst, dann säst du nicht den Körper, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, sei es von Weizen oder etwas anderem. Gott aber gibt ihm einen Körper, wie er gewollt hat, einem jeden Samen einen eigenen Leib. Nicht alles Fleisch ist das gleiche Fleisch, sondern ein Fleisch haben die Menschen, ein anderes das Vieh, ein anderes die Vögel, ein anderes die Fische. Und es gibt himmlische Körper und irdische Körper; aber ein anderes Ansehen haben die himmlischen Körper, ein anderes die irdischen Körper. Ein anderes Ansehen hat die Sonne, ein anderes Ansehen hat der Mond, ein anderes Ansehen haben die Sterne. Denn ein Stern unterscheidet sich vom andern im Ansehen. So ist auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät in Vergänglichkeit, es wird auferweckt in Unvergänglichkeit. [...] Es wird gesät ein seelischer Leib, es wird auferweckt ein geistiger Leib.

Paulus von Tarsus (Apostel): 1. Korintherbrief 15, 51-53

Der Apostel Paulus deutet in apokalyptischer Weise das Endgericht an
Seht ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; plötzlich, in einem Augenblick, mit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden als unvergängliche auferweckt werden, und wir werden verwandelt werden. Denn dies Vergängliche muss sich die Unvergänglichkeit anziehen, und dies Sterbliche muss die Unsterblichkeit anziehen.

Bibel: Neues Testament: Offenbarung des Johannes (Apokalypse) (Apocalypsis Johannis Apostoli) 21, 1. 3-4

Die Offenbarung des Johannes (Apokalypse) kündigt die neue Welt an
Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. [...] Und ich hörte eine laute Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, das Zelt Gottes unter den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, [...] und Gott selbst wird mit ihnen sein, [...] und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; das Erste ist ja vergangen.

Cassius Dio, Lucius: Römische Geschichte (Historiae Romanae) 69, 8, 3

Der Kaiser Hadrian (Kaiser 117-138) lässt, wie der Historiker Cassius Dio (gest. 235) berichtet, seinen Hofphilosophen sterben
Im selben Jahr (119 n. Chr.) [...] starb der Philosoph Euphrates freiwillig, da ihm auch [Hadrian] erlaubte, wegen des Alters und der Krankheit Schierling zu trinken.

Flavius Philostratus: Leben des Apollonios von Tyana (Vita Apollonii) 7, 13f

Flavius Philostratus (ca. 170-245) inszeniert eine philosophische Diskussion über das Sterben
[1] Damis: Ich sage nun, man muss so für die Philosophie sterben wie für Heiligtümer und Mauern und Gräber, denn für die Rettung derartiger Dinge begrüßten es viele und berühmte Männer zu sterben; wenn aber die Philosophie zerstört wird, würde weder ich sterben noch irgendjemand, der sie [...] liebt. [...]
[2] Apollonios von Tyana: Ein weiser Mann soll für die Dinge sterben, die Du genannt hast, aber auch ein nicht Weiser könnte hierfür sterben: Denn das Sterben für die Freiheit wird vom Gesetz angeordnet, dasjenige für die Verwandten und Freunde und Kinder hat die Natur festgelegt – Natur und Gesetz unterwerfen aber alle Menschen, die Natur die Freiwilligen, das Gesetz die Unfreiwilligen. Für die Weisen ist es aber typischer, für das zu sterben, um das sie sich bemühten.
[3] Worum sie sich nämlich selbst, ohne dass ein Gesetz es befahl, ohne dass die Natur es anlegte, unter Kraft und Kühnheit kümmerten, für dieses soll, wenn es jemand löst, das Feuer auf den Weisen kommen, soll die Axt kommen, so dass ihn nichts davon besiegt, nichts zu irgendeiner Lüge herüberzieht, sondern er festhält, was er weiß, dass nichts besser ist, als worin er eingeweiht wurde.

Epiktet : Erörterungen (Dissertationes) IV, 7, 1-4. 6

Der Stoiker Epiktet (ca. 50-138) gibt eine Anleitung zum philosophischen Sterben und spricht dies den Christen ab
[1] Was macht den Tyrannen furchterregend? – Die Lanzenträger [...] und ihre Schwerter. [...] – Wenn nun jemand die Lanzenträger wahrnimmt sowie, dass sie Schwerter haben, jedoch genau deswegen auf ihn zugeht, weil er aus irgendeinem Grund sterben will [...], dann fürchtet er die Lanzenträger doch nicht? – Er will ja genau das, weswegen sie furchterregend sind. – Wenn nun jemand, der im Ganzen weder sterben noch leben will, sondern das, was ihm gegeben wird, auf ihn zugeht, was hindert ihn, ohne Furcht auf ihn zuzugehen? – Nichts. [...]
[2] Auch durch Wahnsinn kann jemand so hierauf eingestellt sein, oder durch Gewöhnung, so wie die Galiläer [d.h. die Christen]. Denn niemand kann durch Vernunft und Beweis lernen, dass Gott alles in der Welt geschaffen hat, sowie die ganze Welt, ungehindert und in sich vollkommen.

Justin der Märtyrer: Zweite Apologie (apologia minor) 12, 1

Justin (ca. 100-165) berichtet über seine Erfahrungen mit den christlichen Märtyrern
Denn auch ich selbst, der ich mich an Platons Lehren erfreute, hörte, dass die Christen verleumdet werden, sah aber, dass sie gegenüber dem Tod und allem, was als schrecklich gilt, furchtlos waren – da begriff ich, dass es unmöglich ist, dass sie in Schlechtigkeit und Selbstliebe existieren.

Laktanz: Die göttlichen Einrichtungen (Institutiones divinae) V, 13, 12-15

Laktanz vergleicht die christlichen Märtyrer mit den Philosophen
Unsere Kinder und Frauen aber, um von den Männern zu schweigen, besiegen ihre Folterer durch Schweigen, und nicht einmal das Feuer kann ihnen ein Stöhnen entlocken. [...] Sieh: das schwache Geschlecht und das zarte Alter lässt sich am ganzen Körper zerfleischen und verbrennen, nicht aus Zwang – denn sie können es vermeiden, wenn sie wollen, sondern aus Willen, weil sie Gott vertrauen. Das ist die wahre Tugend, zu deren Lob sich auch die Philosophen nicht durch die Sache, sondern durch Lehre Worte rühmen, indem sie ausführen: Nichts passt so gut zur Würde und Standhaftigkeit eines weisen Mannes, als durch keinerlei Schrecken von seinem Urteil und Vorsatz abgebracht werden zu können [...], auf dass er nicht durch Todesfurcht oder heftigen Schmerz bezwungen etwas Ungerechtes tut.

Augustinus von Hippo: Der Gottesstaat (De civitate dei) 13, 4

Augustinus (354-430), der wichtigste lateinische Kirchenvater, lobt die christlichen Märtyrer
Durch die Kraft und den Kampf des Glaubens [...] ließ sich auch die Furcht vor dem Tod überwinden, was bei den heiligen Märtyrern hervorragend zutage trat. [...] Früher [d.h. vor der Erlösung durch Christus] wurde dem Menschen gesagt: "du wirst sterben, wenn du sündigst"; jetzt wird dem Märtyrer gesagt: "stirb, damit du nicht sündigst". Früher wurde gesagt: "wenn ihr das Gebot übertretet, dann werdet ihr im Tode sterben"; jetzt wird gesagt: "wenn ihr den Tod verweigert, dann übertretet ihr das Gebot". [...] So ging durch die unsagbare Barmherzigkeit Gottes selbst die Strafe für die Laster in die Waffen der Tugend ein.

Plotin: Enneade I 1 [53], 10, 4-7

Bei Plotin ergibt sich ein komplexer Status des „Wir“, d.h. der Person, unter der Bedingung einer Trennung von Seele und Körper, wie sie schon Platon annahm
Denn auch von dem, was der Körper erleidet, sagen wir, dass wir es erleiden. Das „Wir“ ist also etwas Zweifaches – entweder es wird das Lebewesen mit dazugerechnet, oder es ist nur das, was bereits über diesem steht. D.h. das Tier ist der mit Leben versehene Körper; der wahre Mensch ist dagegen etwas anderes.

Origenes: Über die Prinzipien (De principiis) 3, 6, 5

Origenes, der berühmteste griechische Kirchenvater (ca. 185-254), über die Vernichtung des Todes
Darum heißt es denn auch, "der letzte Feind", welcher "der Tod" genannt wird, werde vernichtet [vgl. 1 Kor 15, 26]; es gibt also keine "Traurigkeit" mehr, wo der Tod nicht ist [vgl. Offb 21, 4], und keine Verschiedenheit, wo kein Feind ist. Dass "der letzte Feind vernichtet werde", ist so zu verstehen, dass nicht seine Substanz, die von Gott geschaffen ist, vergeht, sondern dass seine feindliche Willensrichtung, die nicht aus Gott, sondern aus ihm hervorging, untergeht. [...] Denn dem Allmächtigen "ist nichts unmöglich" [vgl. Ijob 42, 2], und nichts ist für den eigenen Schöpfer unheilbar. Denn er hat alles geschaffen, damit es sei, und was geschaffen ist, damit es sei, kann nicht nicht sein.

Origenes: Über die Prinzipien (De principiis) 3, 6, 5f

Eine spezifische und kontroverse Lehre des Origenes betrifft die langsame Wiederherstellung aller Dinge
[1] So meinen die Törichten und die Ungläubigen, unser Fleisch vergehe nach dem Tode in der Weise, dass es nichts von seiner Substanz übrig behalte; wir aber, die wir an seine Auferstehung glauben, verstehen, dass im Tod nur eine Umwandlung des Fleisches geschieht, seine Substanz aber, das steht fest, bleibt und wird durch den Willen des Schöpfers zu einer bestimmten Zeit wieder zum Leben bereitet [...].
[2] In diesen Zustand, so ist anzunehmen, wird all unsere körperliche Substanz überführt werden, zu der Zeit, wenn alles wiederhergestellt wird, so dass es eines ist, und wenn Gott "alles in allem" sein wird. Dies muss man aber nicht als ein plötzliches Geschehen verstehen, sondern als ein allmähliches, stufenweises [...], wobei der Besserungsprozess langsam einen nach dem anderen erfasst; einige eilen voraus und streben rascher zur Höhe, andere folgen in kurzem Abstande, und wieder andere weit hinten.

Gregor von Nyssa: Über die Seele und die Auferstehung (De anima et resurrectione) (p. 12 Migne/p. 83 Spira)

Gregor von Nyssa (ca. 335/40-394), einer der besten Philosophen unter den griechischen Kirchenvätern, erläutert den Anlass seines Dialogs mit seiner Schwester Makrina
a) Als der unter den Heiligen große Basileios das menschliche Leben zu Gott hin verließ und den Kirchen ein allgemeiner Ansturm der Trauer zustieß, aber die Schwester und Lehrerin noch im Leben zugegen war, da ging ich eifrig zu ihr, um mit ihr zusammen zu sein angesichts des Unglücks, das den Bruder betraf; und schmerzbeladen war mir die Seele, überreich an Leid wegen dieses großen Verlustes, und ich suchte einen Gefährten der Tränen, der dieselbe Last der Trauer trug wie ich.
b) Als wir einander vor Augen standen, da wärmte mir die Lehrerin, als sie vor den Augen erschien, das Leiden auf, denn auch sie wurde schon von der Schwäche zum Tode hingehalten. Sie aber, die mir, auf die Weise der Meister der Reitkunst, eingegeben hatte, ein wenig von der Wucht des Leides fortgetragen zu werden, ging danach daran, dies zu begrenzen, indem sie mit dem Wort, wie mit einem Zügel, durch das eigene Nachdenken das Ungeordnete der Seele wiederherstellte, und von ihr wurde das Apostelwort vorgebracht, man brauche nicht über die Entschlafenen zu trauern, denn dieses Leiden passe nur zu denen, die keine Hoffnung haben.