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Philosophische Zitate aus Antike und Mittelalter

Thema: Philosophie und Religion

12 Zitate zu diesem Thema im Zitatenschatz:

  • Zacharias Rhetor (Scholastikos): Ammonios oder Diskussion über die Herstellung der Welt (Ammonius sive De opificio mundi disputatio) Zeile 92-110

    Der Bischof Zacharias berichtet über die Diskussionen, die er als Student in Alexandria mit seinem Lehrer, dem neuplatonischen Philosophen Ammonios, Sohn des Hermias, geführt hat.
    Einst befanden ich und einige andere der Studenten des (Philosophen) Ammonios, welche sich auf die „Physikvorlesung“ konzentrierten, im Vorlesungssaal, zur Frühlingszeit, wenn der Südwind sehr angenehm und kraftvoll weht, wenn der gewaltige Fluss gefällig mit seinen Wellen Ägypten bespült und die ägyptischen Äcker befeuchtet.

    Ammonios aber erklärte und verdeutlichte uns, so wie die Ausleger von Orakelsprüchen, die Weisheit des Aristoteles, wobei er ganz nach Sophistenart hochmütig auf einem hohen Sessel saß.
    Und als ein Wort über den Himmel vorüberfloss [...], bildete er folgende Prämisse: „Scheint der Himmel eine schöne Sache zu sein oder nicht?“ „Eine schöne“, sagte ich. [...]
    „Wenn nun, sprach dieser, der Himmel schön ist, und der Vater und Schöpfer dieses Alls gut ist, wie können die Christen behaupten, dass nicht das Schöne mit dem Guten die gesamte Ewigkeit verbunden sei?
  • Averroes : Die entscheidende Abhandlung S. 9 Butterworth; S. 18f. Schupp

    Der Philosoph und Religionsgelehrte Ibn Rušd (Averroes, 1126-1198) vertritt die sachliche Einigkeit von Philosophie und Religion
    Das Wahre steht nicht im Gegensatz zum Wahren, sondern es stimmt damit überein und bezeugt es.
  • Al-Fārābī : Buch der Buchstaben § 108. 110; S. 131, 4-9; 132, 7f

    Al-Fārābī über das Verhältnis von Philosophie und Religion
    Weil durch das Verfahren der apodeiktischen Beweise etwas erst im Anschluss an die Topik (ǧadal) und die sophistischen Schlüsse gewusst wird, ist es nötig dass diese Fähigkeiten, beziehungsweise die auf Meinung beruhende und die verfälschte Philosophie, der methodisch abgesicherten Philosophie (al-falsafa al-yaqīnīya), d.h. der apodeiktisch beweisenden (al-burhānīya), zeitlich vorangehen. Nun folgt die Religion (milla), wenn sie als menschliche verstanden wird, der Philosophie nach, sowohl zeitlich als auch überhaupt, weil sie nur zur Belehrung der großen Menge über die theoretischen und praktischen Dinge dient, welche die Philosophie erforscht, und zwar derart, dass den Menschen das Verständnis hiervon entweder durch Überredung (iqnāʻ) oder durch das Hervorrufen vorgestellter Bilder (taḥyīl) oder durch beides zugleich erreicht. [...] Die Philosophie geht insgesamt der Religion auf dieselbe Weise voran, wie in der Zeit der Benutzer des Werkzeugs dem Werkzeug vorangeht.
  • Spinoza, Baruch de: Theologisch-politischer Traktat (Tractatus theologico-politicus) XIV, p. 165f

    Spinoza formuliert die Grundlagen seiner Position zum Verhältnis von Philosophie und Religion
    [1] Übrig ist noch, dass ich schließlich zeige, dass zwischen Glauben bzw. Theologie und Philosophie keine Verbindung und keine Nähe besteht, was ja niemand übersehen kann, der die Zielrichtung und das Fundament dieser beiden Vermögen kennt, welche sich gewiss himmelweit unterscheiden: Die Zielrichtung der Philosophie ist nämlich nichts als die Wahrheit; die des Glaubens aber [...] nichts als Gehorsam und Frömmigkeit.
    [2] Ferner sind die Grundlagen der Philosophie die allgemeinen Begriffe, und diese müssen aus der Natur alleine gesucht werden; die des Glaubens sind aber die Erzählungen und die Sprache, und müssen allein aus der Schrift und der Offenbarung gesucht werden. [...]
    [3] Der Glaube gesteht also jedem Einzelnen die höchste Freiheit zum Philosophieren zu, so dass er ohne Verfehlung über alle beliebigen Dinge meinen kann, was immer will; und sie verurteilt die als Häretiker und Schismatiker, welche Ansichten lehren, um zur Hartnäckigkeit, zum Hass, zu Streit und zu Zorn zu raten; und im Gegenteil hält sie nur die für Gläubige, die zu Gerechtigkeit und Liebe [...] raten.
  • Laktanz: Die göttlichen Einrichtungen (Institutiones divinae) IV 4, 1f.; p. 320

    Der christliche Apologet Laktanz (ca. 250-320) betont die Verbindung von Religion und Weisheit, dem Ziel der Philosophie
    Es tritt zutage, wie Weisheit und Religion miteinander verbunden sind. Die Weisheit, die Liebe fordert, blickt auf die Söhne, die Religion, die Furcht fordert, auf die Sklaven. [...] Weil aber Gott, der einer ist, sowohl die Rolle des Vaters als auch die des Herrn einnimmt, müssen wir ihn sowohl lieben, weil wir Söhne sind, als auch fürchten, weil wir Sklaven sind. Also kann weder die Religion von der Weisheit getrennt werden, noch die Weisheit von der Religion abgegrenzt, den es ist derselbe Gott, der erkannt werden muss, was der Weisheit zukommt, und verehrt, was der Religion zukommt.
  • Albertus Magnus: Super Ethica X 16, quaestio 6

    Der Dominikaner-Mönch und begeisterte Aristoteliker Albertus Magnus sieht innerhalb des Christentums einen Platz für die philosophische Glücksvorstellung des Averroes
    [1] Die theologische Kontemplation stimmt in einer Hinsicht mit der philosophischen überein und unterscheidet sich in einer anderen; daher sind beide nicht schlechthin identisch.
    [2] Sie stimmt nämlich darin überein, dass es auch in der theologischen einen Einblick auf bestimmte geistige Dinge durch den Intellekt gibt, die ohne ein Hindernis durch die Leidenschaften von Seiten des Subjekts und durch einen Zweifel von Seiten des Glaubens darauf hingeordnet ist, in Gott zu ruhen, worin die höchste Glückseligkeit besteht.
    [3] Sie unterscheidet sich aber im Habitus, im Ziel und im Objekt. Und zwar im Habitus, weil die theologische durch ein Licht betrachtet, das von Gott eingegeben wurde, aber der Philosoph durch den erworbenen Habitus der Weisheit; im Ziel, weil die theologische das letzte Ziel in der Betrachtung Gottes im Himmel ansetzt, aber der Philosoph in einer Vision, durch die er ein Stück weit in diesem Leben gesehen wird; zudem im Objekt [...] im Hinblick auf die Art und Weise, denn der Philosoph betrachtet Gott, insofern er ihn als eine bestimmte Konklusion aus einem Beweis besitzt, aber der Theologe betrachtet ihn als etwas, was oberhalb von Vernunft und Intellekt existiert.
  • Ibn Ṭufail : Ḥayy ibn Yaqẓān Auszüge von S. 147-154

    Ibn Ṭufail schildert das Scheitern von Ḥayy ibn Yaqẓāns Versuch, sein philosophisches Wissen den religiösen Menschen zu erklären
    [1] Da er großes Mitleid mit den Menschen empfand und den Wunsch hatte, ihnen das Heil zu bringen, kam der Wunsch in ihm auf, zu ihnen zu gehen, um ihnen die Wahrheit offenzulegen und zu erklären. [...] Ḥayy ibn Yaqẓān begann also, sie zu unterweisen und ihnen die Geheimnisse der Weisheit (asrār al-ḥikma) zu enthüllen; doch sobald er auch nur ein kleines Stück über den äußeren Wortsinn (aẓ-ẓāhir) hinausging und etwas beschrieb, das nicht mit ihrem Verständnis übereinstimmte, begannen sie sich vor ihm zu verschließen, [...] und in ihren Herzen ärgerten sie sich über ihn. [...]
    [2] Da gab er die Überzeugung auf, dass er sie bekehren könnte, und verlor die Hoffnung, dass sie von ihm etwas annehmen würden. [...] Er riet ihnen, in ihrer gewohnten Weise an den Bestimmungen des [religiösen] Gesetzes (ḥudūd aš-šar‘) und den auf das Äußerliche bezogenen Handlungen festzuhalten, sich so wenig wie möglich in Dinge, die nicht ihre Sache waren, zu vertiefen, den schwerverständlichen Stellen in den heiligen Texten Glauben zu schenken und sie ohne Vorbehalte anzuerkennen. [...]
    [3] Darauf verabschiedeten sich die beiden von ihnen, kehrten zurück zu ihrer Insel und [...] Ḥayy ibn Yaqẓān versuchte in gleicher Weise wie zuvor, sich in die Lage der Erhabenheit [i.e. die unio mystica] zu versetzen.
  • Ibn Ṭufail : Ḥayy ibn Yaqẓān Auszüge v. S. 7f

    Ibn Ṭufail erklärt den Unterschied der <i>unio mystica</i> von komplettem (philosophischem) Wissen
    Stell dir einen blind geborenen Menschen vor. [...] Seit es ihn gibt, wuchs er in einer bestimmten Stadt auf, in der er die einzelnen Bewohner [...], die Wege und Straßen der Stadt [...] durch das, was er von den übrigen Erkenntnisvermögen erfährt, ohne Einschränkungen kennt, so dass er sogar ohne Führer in der Stadt umhergeht und jeden, der ihm begegnet, sogleich erkennt. [...] Wenn ihm nun, nachdem er diese Stufe erreicht hat, seine Augen geöffnet werden und er die Sehkraft erlangt, dann wird er [...] nichts anders vorfinden, als es seiner Überzeugung davon entspricht, und nichts wird ihn täuschen [...], außer dass bei alldem zwei besonders wichtige Sachverhalte [...] neu für ihn sind: Erstens die gesteigerte Deutlichkeit und Helligkeit und zweitens die gewaltige Freude.
  • Ibn Ṭufail : Ḥayy ibn Yaqẓān S. 108f

    Ibn Ṭufail charakterisiert die unio mystica
    Wem eine solche Weise schaut, dem entschwindet seine eigene Wesenheit (ḏāt nafsihi), und es lösen sich auf und entschwinden ebenso die übrigen vielen Wesenheiten [...] außer der Wesenheit des Einen, des Wahren, des notwendig Seienden (al-wāḥid al-ḥaqq al-wāğib al-wuğūd).
  • Ibn Ṭufail : Ḥayy ibn Yaqẓān Auszüge von S. 86

    Ibn Ṭufail schildert, wie Ḥayy ibn Yaqẓān aus der Frage nach der Ewigkeit der Welt auf Gott schließt
    Sein Zweifel über die Ewigkeit der Welt oder ihr Entstandensein behinderte ihn in keiner Weise: Auf beide Sichtweisen zugleich betrachtete er die Existenz eines Herstellers (wuğūd fā‘il) als richtig, der kein Körper ist, der weder mit einem Körper verbunden noch von ihm abgetrennt, weder in ihm noch außerhalb von ihm – denn Verbundensein, Getrenntsein, In-etwas-Sein und Außerhalbsein gehören alle zu den Eigenschaften von Körpern. – Er aber ist all dem ganz und gar enthoben.
  • Ibn Ṭufail : Ḥayy ibn Yaqẓān Auszüge von S. 135 f

    Ibn Ṭufail charakterisiert die religiösen Menschen in Ḥayy ibn Yaqẓāns Umgebung
    Auf einer Insel in der Nähe jener Insel [...] hatte sich eine von den wahren Religionsgemeinschaften (milla min al-milāl aṣ-ṣaḥīḥa) niedergelassen, die von einem der früheren Propheten [...] gestiftet worden war. Es war eine Religion, welche alles wahrhaft Existierende (ğamī‛ al-mawğūdāt al-ḥaqīqīya) in Gleichnissen (amṯāl) nachbildete.
  • Justin: Dialog mit dem Tryphon (Dialogus cum Tryphone ) 8, 1

    Der christliche Philosoph Justin der Märtyrer (ca. 100-165) beschreibt seine Erfahrung der Verbindung von wahrer Erkenntnis und Liebe zur Weisheit
    Da entzündete sich mir auf einmal ein Feuer in meiner Seele, und mich ergriff Liebe zu den Propheten und zu den Leuten, die Christus’ Freunde sind. Als ich seine Argumente mit mir selbst diskutierte, fand ich, dass nur diese Philosophie zuverlässig und von Nutzen ist. So bin ich nun auch dadurch Philosoph.